Revolution!

Boston mit Hafen
Boston mit Hafen

Boston? Was gibt es Spannendes in Boston? Ich muss mal überlegen. Warum wollte ich eigentlich dort hin?

Boston ist eine der „Muss-man-gesehen-haben-Städte“ im Osten der USA. Aber davon gibt es ja noch andere, die ich mir nicht anschauen wollte. Das Argument fällt weg. Außerdem ist es die Hauptstadt von Massachusetts. Alle 52 Bundeshauptstädte der USA zu besuchen, war aber nicht mein Plan. Die Erklärung gilt also auch nicht. Was zog mich denn nun nach Boston?

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Ich wurde von der Geschichte der Stadt angezogen, denn Boston ist für die Entstehung der USA extrem wichtig. Hast du zum Beispiel schon mal von der Boston Tea-Party-Party gehört?

 

Mir kommt da gleich ein Bild aus meinem Geschichtsbuch der siebten Klasse in den Kopf: Als Indianer verkleidete Siedler schmeißen Tee-Kisten über Bord und eine Menge Zuschauer jubelt ihnen zu. Da war richtig was los, und die Vorgeschichte war nicht weniger turbulent.

 

Die Menschen in der damaligen Kolonie hatten genug von der Bevormundung aus England, vor allem eine neue Steuer auf Tee hatte sie äußerst wütend gemacht. „Na toll, Steuern dürfen wir bezahlen, im englischen Parlament haben wir aber rein gar nichts zu sagen!“

 

Als dann im November 1773 drei mit Tee beladene Schiffe im Hafen von Boston ankamen, riss der Geduldsfaden. Sofort versammelten sich tausende von Menschen, um zu beratschlagen, was zu tun sei. Nach wochenlangem Diskutieren, Streiten, Schreiben und Schreien (die Ladung blieb die ganze Zeit auf den Schiffen), entschlossen sich ungefähr fünfzig Männer, die Teekisten einfach über Bord zu werfen. Aus die Maus. England war nicht erfreut, aber sehr weit weg und nahm die Steuer erst mal wieder zurück.

 

Der Graben zwischen der Kolonie in Nordamerika und England war inzwischen sehr groß, gefühlt bestimmt größer als der Atlantik zwischen den beiden Kontinenten. Nicht ohne Grund hatten sich einige der Tee-Kisten-Werfer symbolisch als Indianer gekleidet. Sie wollten damit wohl deutlich machen, dass sie sich nicht mehr mit den eingepuderten und „perückten“ Engländern identifizierten, sondern mit der indianischen Bevölkerung in der Neuen Welt.

 

Diese symbolische Maskerade kann ich verstehen, sie hat aber auch eine andere Seite. Denn die weißen Siedler aus Eruopa hatten ja ganze Indianerstämme grausam ausgerottet. Wo man hinkommt, ist die Geschichte voll haarsträubender Widersprüche.

 

Aber zurück nach Boston. Damals brodelte es also in dieser Stadt und heute?

Die Skyline von Boston, der Charles River und mein geliehenes Fahrrad
Die Skyline von Boston, der Charles River und mein geliehenes Fahrrad

Die Stimmung in Boston ist auf alle Fälle hoch, wenn die Red Sox ein Heimspiel haben und am besten noch gewinnen. Hinter dem Namen verbirgt sich das erfolgreiche Baseballteam der Stadt, das 2013 die National League und die World Series gewonnen hat. (Vergleichbar mit dem ersten Platz in der Bundesliga und der Champions League.) In den USA sind Baseball, American Football und Eishockey die unangefochtenen Sportarten Nummer Eins. König Fußball ist dort ein blasser Prinz unter vielen. Ob die Spieler der Red Sox übrigens tatsächlich rote Strümpfe tragen, konnte ich nicht überprüfen – die Hosen sind zu lang.

 

Meine Hosenbeine waren dagegen hochgekrempelt, als ich mit dem Fahrrad durch die Stadt radelte. Das mache ich am liebsten. Entlang des Charles Rivers fuhr ich von Summerville, wo ich bei Freunden wohnte, in die Innenstadt von Boston. Es war herrliches Wetter, die Menschen schienen gut gelaunt zu sein und ich war es auch. Zwischen den neuen Hochhäusern sah ich die goldene Kuppe vom Haus des Gouverneurs strahlen, immer wieder lukten alte Gebäude zwischen Beton und Stahl hervor, teilweise aus der Zeit der Revolution, wie ich tags drauf bei einer Stadtführung erfuhr.

 

Ja, genau so eine Tour, die viele so langweilig finden. Aber ich finde nun mal die Geschichten von Menschen, Plätzen, Häusern so spannend und der Stadtführer hatte zum Glück viel Humor beim Erzählen und war selbst ein revolutionary, also einer der damaligen Revolutionäre. Ein gewisser Mr Otis. Dieser Herr schleuderte dem Ruf „no taxation without presentation“, zu deutsch "keine Besteuerung ohne Vertretung“, den Politikern in England entgegen. Mit Erfolg, wie die Tea Party zeigte. Am Ende seines Lebens wurde er allerdings selbst geschleudert – von einem Blitz zu Boden.

 

Das Segelschiff USS Constitution hingegen konnte in seinen über 200 Jahre alle Stürme und Kanonenschüsse überstehen und liegt heute die meiste Zeit im inneren Hafen von Boston. Es ist weiterhin fahrtüchtig und wie alles, was mit der US-amerikanischen Geschichte zu tun hat, wird es sehr gepflegt und in Ehren gehalten. Vor zweihundert Jahren war allein der Name der USS Constitution für die Engländer ein rotes Tuch: das Schiff hatte in einem Gefecht die Royal Navy der Engländer bezwungen!

Mr Otis persönlich vor seinem Grabstein
Mr Otis persönlich vor seinem Grabstein
Mr Otis lernte die USS Constitution nicht mehr kennen.
Mr Otis lernte die USS Constitution nicht mehr kennen.

Gebäude im Stadtzentrum - alt, mittelalt und neu.
Gebäude im Stadtzentrum - alt, mittelalt und neu.
Blink, blink, die bescheidene Hütte des Governeurs.
Blink, blink, die bescheidene Hütte des Governeurs.

Nach der Stadtführung hatte ich sozusagen Blut geleckt und wollte sehen, wo genau die Revolution 1775 begann. Ich schwang mich frühmorgens wieder auf den Drahtesel und radelte zur "Wiege der Revolution", wie Lexington und Concord genannt werden. Die Fotostory zu den Ereignissen:

Buckham Tavern
Buckham Tavern

Bevor der erste Schuss fiel, trafen sich die sogenannten Minutemen in der Buckham Tavern. Diese Männer waren darauf geeicht, innerhalb einer Minute kampfbereit zu sein, ansonsten waren sie Otto-Normal-Amerikaner, also Bauern oder Handwerker. Trouble was in the air... Englische Soldaten, die sogenannten Redcoats, zu deutsch Rotjacken und nicht zu verwechseln mit den Red Sox, waren von Boston im Anmarsch, um die Munitionslager der aufmüpfigen Bürger zu beschlagnahmen. Zwei Männer hatten durch einen legendären Ritt von Boston nach Lexington die dortige Bevölkerung gewarnt. Es war nur eine Frage der Zeit...

Der Hauptmann der Minutemen
Der Hauptmann der Minutemen

...bis die beiden Gruppen aufeinander treffen sollten. Der erste Schuss fiel - aber bis heute weiß niemand aus welchem Gewehr: einem revolutionärem oder einem englandtreuen? Es wurde gekämpft, und bald erkannten die Revolutionäre ihre hoffnungslose Unterlegenheit. Der Rückzug in das nahe gelegene Concord wurde angetreten. Heute erinnert eine Statue an das erste Gefecht des Kriegs um die Unabhängigkeit der Kolonien von England. Ansonsten ist alles so sauber, ordentlich und freundlich, dass ich mir nur schwer die Schießerei vorstellen konnte.

The North Bridge
The North Bridge

Das rote Auto auf dem obigen Foto bräuchte heutzutage 15 Minuten nach Concord, die Minutemen brauchen zu Fuß und nach dem Kampf bestimmt eine Stunde. In Concord gab es dann zum Glück reichlich Verstärkung, sodass diesmal die Engländer das Nachsehen hatten. An der North Bridge stießen beide Parteien zusammen und kämpften, bis die Engländer sich Richtung Boston zurückzogen. 122 Tote waren zu beklagen. Über ein Jahr dauerte der Krieg an, bis Ver- treter der 13 Kolonien die Unabhängigkeitsurkunde am 4. Juli 1776 unterschrieben. Das Datum wird heute noch groß zelebriert - und natürlich wird an die Minutemen von Lexington und Concord erinnert.

Soweit der Crashkurs zur frühen Geschichte der USA. Ich hoffe, es war nicht verstaubt und trocken für dich.;) Als nächstes geht es über die Grenze nach Kanada und zwar in den französischen Teil. Oui, oui, mesdames et messieurs!

 

Auf zur nächsten Station!

 

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Weiß oder wie?

Strahlendweiß, wollweiß, schneeweiß, mausgrau, hell-, mittel-, dunkelblau, türkis ... selbst in der Antarktis ist nicht alles weiß! In meinem Blog geht's die nächsten Wochen auf diesen Wunderkontinent. Jeden Donnerstag auf's Neue. Du wirst Pinguine sehen, gigantische Eisberge, Seeleoparden und See-Elefanten und immer wieder ein Segelschiff. Denn damit stechen wir ins eisige Meer. Ahoi!